Friday, January 15, 2016

You live, you learn

    Einer meiner Lieblingssongs von Alanis Morissette ist "You live, you learn." Nachdem ich jetzt wieder auf freiem Fuß und im Angestelltenalltag angekommen bin, haben mich einige gefragt, wie es mir jetzt geht. Das ist nicht leicht zu beantworten. Irgendwie fühle ich mich wieder ganz, aber immer noch von vielen unsichtbaren Verbänden und Pflastern zusammengehalten. Mein Kopf weiß, wann ich jetzt nein sagen soll, wann ich aufhören muss, alles negativ zu sehen. Aber mein Herz sitzt immer noch in einer Ecke und schmollt. "Nein, ich mach nicht mit, nein, das ist alles nicht war, nein, das hat fast dreißig Jahre funktioniert, das machen wir jetzt schön so weiter." Mein Verstand gewinnt zwar immer häufiger, aber es ist immer noch ein Kampf. Ich könnte einen Maskenladen aufmachen, so viele Masken  habe ich in den vergangenen Jahrzehnten getragen um zu funktionieren, um gemocht zu werden. Es gab nur ganz, ganz wenige Menschen, die mich auch mal ohne Fassade, ohne Maske erleben durften. Und die Masken wurden von Jahr zu Jahr schwerer, belasteten, verletzten mich. Und schließlich bin ich unter der Last zusammengebrochen. Und den Anforderungen an mich, anders zu leben, als ich es möchte. Unverständnis war ein Faktor, der mich in den Suizidversuch getrieben hat. Verzweiflung durch die Auswirkungen der Depression und der Angststörung ein anderer. Aber es gab Verbündete, die zu mir standen, während meiner ganzen langen Zeit in verschiedenen Psychiatrien. Da war natürlich meine Familie, die ohne wenn und aber hinter mir stand. Aber ich habe auch gelernt, dass das Netz virtuelle Freundschaften schmieden kann, die weit über reine Spassgespräche hinausgehen. Auch meine Follower auf Twitter, meine "Freunde" auf Facebook und die Leser meines Blogs haben mir unglaublich viel gegeben. Selbst gute, alte Postkarte [...]

Tuesday, January 12, 2016

Ich arbeite wieder

Back to normal. Zumindest fast. Noch bin ich in der Wiedereingliederung und damit pro Tag 4 Stunden im Büro. Vermutlich geht mein Umfeld schon wieder davon aus, ich sei ja gesund, ich könne ja wieder volle Leistung erbringen. Aber ich spüre die Mühe, mich morgens aufzuraffen. Die unterschwellige, weil nicht Personen oder Situationen gebundene Angst. Die Stimmungsschwankungen, die meine Medikamente zwar abpuffern aber nicht ganz verschwinden lassen können. Ich bin, ich bleibe krank. Zwar arbeitsfähig krank, aber die Krankheit Depression werde ich immer in mir tragen. Das ist der Unterschied zu einer Grippe oder einem gebrochenen Bein. Da ist man krankgeschrieben, bis man wieder vollständig genesen ist. Vielleicht ist es noch am ehesten vergleichbar Diabetes. Man kann arbeiten, auch in Gegenwart der Krankheit. Immerhin das Schreiben konnte ich fast während meiner ganzen Therapie aufrechterhalten und sogar ausbauen. Die erste vollständige Fassung meines Romans, immerhin 355 Seiten ging heute an meinen Verlag und an meine Lektorin. Jetzt heißt es korrigieren, revidieren, ggf. neu schreiben. Und es läuft ein Projekt an, das etwas mit Fernsehen und Dokumentationen zu tun hat. Noch ist es in einem sehr frühen Stadium, aber auch das ist etwas, das mir in meinem Kampf gegen meine Krankheit und für mehr Verständnis hilft. Es ist seltsam, zu wissen, dass man depressiv ist und dass man das voraussichtlich auch für den Rest seines Lebens sein wird. Dass man immer auf sich Acht geben muss, Zeit für sich frei räumen, anderer Leute Meinung weniger wichtig nehmen. Und dass man sich mit seinen ebenso ins Hirn eingebrannten Ängsten arrangieren muss. Der Kampf hat letztes Jahr begonnen aber er wird nie aufhören. Einzig, ich kenne jetzt meinen Feind und habe Mittel zur Verfügung, ihn unter Kontrolle zu halten. Ob mir das immer gelingen wird? Ich hoffe es. Bislang gab es keine so dunkle Phase mehr, wie Anfang Februar 2015. Das darf es auch nicht mehr g [...]

Monday, January 4, 2016

Ist es Angst, ist es Depression, egal, es ist scheisse

Diagnosen sind ja so ne Sache. Nachdem zunächst alle sich einig waren, ich hätte ein schwere und wiederkehrende Depression, war schon mein Psychotherapeut anderer Meinung. Er vermutete das eigentliche Problem in einer Angststörung, ausgelöst durch sehr negative Erlebnisse in meiner Kindheit (die ich sehr gut verdrängt habe). Die Reha schließlich hat mich aber mal so richtig kaputt diagnostiziert. Generelle Angststörung, schwere Depression, leichte Angstpsychose und leichte Soziophobie. Also kaputt, kaputter geht es nicht. Aber andererseits ist es auch gut, endlich mal die Dinge beim Namen nennen zu können, die einem das Leben schwer und manchmal zur Hölle machten. Aber was ich rückblickend auch festgestellt habe. Ich habe die Krankheit(en) jahrzehntelang mit mir herumgetragen, konnte dennoch einiges aufbauen, erfolgreich ein Studium abschließen und einen Beruf ausüben. Ich bin nicht die Krankheit, sondern weit mehr. Nur in den letzten Jahren hat sie mich immer mehr überrollt. Auch unglückliche Gespräche, Unverständnis für meinen Lebensstil oder einfaches nicht wissen, was meine Krankheit bedeutet, haben mich an den Rand geführt und einmal auch drüber hinaus. Ich kenne meinen Gegner jetzt und weiß, wie ich ihn im Zaum halten kann. Und ich werde offen darüber reden, weil wir noch viel zu sehr darüber schweigen. Auch ein Mann hat mal Angst, oder eine Angststörung. Das ist nichts peinliches, abwertendes oder negatives. Es ist eine Krankheit, die behandelbar ist, eine Krankheit, die man in den Griff bekommen kann, wenn man sich dazu durchringt, überhaupt darüber zu reden. Deshalb ist es dringendst notwendig, neben Depressionen auch über andere psychische Erkrankungen zu sprechen. Denn auch das hilft Menschen, den Mut zu finden, Hilfe zu suchen. Und genau dieser Schritt kann ein Leben retten. So wie letztlich meines.

Thursday, December 24, 2015

Warum wir über unsere psychischen Krankheiten reden müssen

Bis 2015 sprach ich nicht darüber, dass ich eine Depression habe. Will sagen, ich gestand mir selbst nicht ein, eine psychische Krankheit zu haben. 2010 hatte man bei mir einen Burn Out diagnostiziert, der in der Krankmeldung als Depression aufgeführt wurde "weil die Kasse sonst nicht zahlt." Auch, als es mir 2013 erneut sehr schlecht ging, nahm ich an, ich habe mich nur überarbeitet. Erst der dritte Absturz, der 2014 begann, 2015 nach einer Reihe sagen wir mal unglücklich verlaufender beruflicher Gespräche in einem Suizidversuch kumulierte und mich in die Psychiatrie brachte, hat mir die Augen geöffnet. Frisch eingeliefert hatte ich die Wahl, erneut ein Gebilde aus Lügen und Selbsttäuschung zu errichten, um mich vor mir selbst und meinen Followern auf Twitter und Lesern auf Facebook und in  meinem Blog gut dastehen zu lassen, oder die ganze Wahrheit zu berichten. Ich entschied mich für letzteres, weil ich mich endlich meinem Dämonen stellen musste, den ich schon Jahre mit mir trage. Also begann ich, auf Twitter mit dem Hashtag #ausderklapse zu twittern und im Blog und auf Facebook den Therapieverlauf zu dokumentieren. Ich entschloss mich dazu, obwohl mir mein Umfeld zum Teil geraten hatte, ich solle es verschweigen. pic-15173365-mz8r8S Und ich wurde im Internet erst recht aktiv, obwohl man mir vorschreiben wollte, wie und wann ich twittern darf und sogar empfahl "Mich aus diesem Internet zu löschen" (kein Witz, das hat mir im Jahr 2015 tatsächlich ein Arzt geraten. Gut, dass man auch Ärzte nicht immer ernst nehmen muss). Man sagte, ich sei mutig, so darüber zu sprechen. Für mich war es mehr eine Art Lebensversicherung und Therapie, das, was ich seit Jahren versteckt und ignoriert habe endlich aus dem Versteck zu holen und bloßzustellen. Aber es gab mir auch d [...]

Monday, December 21, 2015

Gigaset Elements mit neuen Sensoren

Bei uns ist schon seit geraumer Zeit das Gigaset Elements System im Gebrauch. Wer es nicht kennt, das ganze ist eine Art Hausalarmanlage mit Videoüberwachung und Einbruchssensor. Der Vorteil: Es müssen keine Kabel verlegt werden, alles wird entweder aufgeklebt oder nutzt normale Steckdosen. Das Basisset von Gigaset Elements habe ich bereits in einem früheren Blogbeitrag getestet. Heute soll es um die neuen Sensoren Plug und Button gehen, sowie um die bislang nicht vorhandene Siren. [caption id="attachment_33901" align="aligncenter" width="834"]20151221_103526.jpg                                                                                                            Plug, Button und Siren[/caption]   Plug ist eine Schaltsteckdose, die sich über Regeln schalten lässt. Das können zeitgesteuerte Regeln sein, Events der Gesamtanlage wie zum Beispiel das Ankommen eines Bewohners oder auch der Druck auf Button, den Knopf um die Steckdose zu schalten. Angenehm ist vor allem die recht kompakte Bauform von Plug, die es ermöglicht, ihn quasi bei fast jeder Steckdose anzubringen. Über die Zeitschaltung lassen sich zum Beispiel regeln definieren, die den Plug zu einer bestimmten Zeit ein, oder ausschalten oder dann, wenn erkannt wird, dass jemand zum Beispiel im Erfassungsbereich der Gigaset Kamera ist. 20151221_103550.jpgPlug wird wie alle Sensoren der Elements Serie über die App und die Basisstation gekoppelt und steht von da an auc [...]

Thursday, December 17, 2015

Mein Jahresrückblick 2015: Beinahe Tot und wieder am Leben

Dieses Jahr wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Es war eines meiner schlimmsten Jahre und zum Ende doch  noch eines meiner besten. Es begann mit einigen unguten "Ereignissen" die zu meinem Suizidversuch führten, meiner Depression und generellen Angststörungen und einigen unsensiblen Menschen geschuldet. Dank der unglaublichen Intuition meiner Frau und der schnellen Reaktion von Kollegen verdanke ich es, dass ich noch lebe (danke Sibylle, danke Bettina, ich stehe tief in eurer Schuld). Ich verschwand physisch für insgesamt 25 Wochen in der Psychiatrie, und tauchte virtuell wieder auf, weil Twitter und meine Follower so unglaublich viel Verständnis, Interesse und Unterstützung zeigten. stuehle Ich wurde interviewt zu meiner Geschichte und #ausderklapse, schrieb Gastbeiträge, entdeckte meine Liebe zur Schriftstellerei neu (Danke Erik) und habe in diesem Jahr das erlebte auch zu einem Roman verarbeitet, der Ende nächsten Jahres von Bastei Lübbe verlegt wird. Insbesondere darauf bin ich sehr stolz und sehr froh über meine tolle und sehr sympathische Lektorin. Und wer weiß, vielleicht seht ihr mich nächstes Jahr sogar im TV. Mittlerweile halte ich alles für möglich. Dennoch, ein solches Jahr noch einmal? Auf keinen Fall. Ich habe weder meine Angststörung noch meine Depression ganz los. Dazu trage ich sie heimlich viel zu lange in mir. Aber ich weiß jetzt, wie ich sie so gut es geht an der kurzen Leine halten kann. Und ich habe gelernt, dass das Netz im Gegensatz dazu, was mir so manche einreden wollten ein Ort mit vielen verständnisvollen, warmherzigen, neugierigen und liebenswerten Menschen ist. Deshalb werde ich weiter laut und auf so vielen Kanälen wie möglich dafür kämpfen, dass weder Depressionen noch ein Suizidversuch etwas sind, über das man besser schweigt. [...]

Monday, December 7, 2015

Jetzt ist alles aus #nachderklapse

Morgen fahre ich nach hause. Dann liegen 25 Wochen in der Psychiatrie und nochmal knapp 5 Monate Wartezeit auf die Reha hinter mir. Ich habe meine Depression immer noch. Insofern muss ich die, die erwarten, ich komme topfit nach hause enttäuschen.  Aber ich habe Mittel an die Hand bekommen, Strategien, wie ich besser mit meinen depressiven Phasen umgehen kann. Ich habe auch jetzt noch gelegentlich Suizidgedanken. Aber weit entfernt von den dunklen, sehr realen Phantasien Anfang des Jahres. Und ich habe denen verziehen, die mich so weit führten. Denn Hass oder Wut bringen letztlich mich nicht weiter und würden von den anderen nicht verstanden. Ich habe wieder Seiten an mir entdeckt, die ich über Jahrzehnte begraben hatte. Meine Liebe zur Kunst. Meine Freude am kreativen Schreiben. Sinn für die Familie statt nur fürs berufliche Funktionieren. Wer mir jetzt mit Kultur der Spitzenleistung kommt, dem kann ich nur milde lächelnd abwinken. Das würde nämlich eigentlich nur heißen, mich wieder kaputt machen, irgendwann wieder da landen, wo ich Anfang des Jahres war. Ich fühle mich stabil, kenne mein Macken und Talente, habe an meiner Hochsensibilität auch wieder ein paar schöne Aspekte erkannt und werde mich hoffentlich nicht mehr so schnell nach den Wünschen derer verbiegen, die nicht mich sehen, sondern was sie durch mich gewinnen können. Ich bin nicht geheilt, dieser Anspruch wäre zu weitgegriffen und von der Psychiatrie zu viel erwartet. Aber ich habe mich besser kennengelernt denn je. Und dieses neue Wissen werde ich anwenden. Damit ich nie wieder auf einer Treppe sitze mit Rasierklingen und Schlaftabletten. NIE WIEDER! Oder um es mit einem Tweet zu sagen, den ich während meiner Therapie abgesetzt habe: Das Leben ist wie ein Roman, für dessen Happy End man selbst verantwortlich ist.

Thursday, December 3, 2015

Seid untalentiert für ein schöneres Leben

Intelligenz, Hochsensibilität, Kreativität. Klingt toll, wenn man das hat, richtig? Falsch! Solche Talente werden oft gefordert, insbesondere im Beruf. Wenn man dann aber mal genauer hinsieht, ecken oft gerade die hochsensiblen, die Kreativen, die Intelligenten an. Weil sie gewohnt sind, über den Tellerrand zu denken. Und jenseits des Tellerrands liegen oft Gebiete, die keiner kennenlernen will. Die Aufforderung, über den Tellerrand zu blicken, ist oft nichts weiter als ein frommer Wunsch. Ich bin mir sicher, hätte man bei manchen Skandalen auf die besonderen Menschen, die Intelligenten, die Sensiblen gehört, wäre einiges verhindert worden. Mit solchen Talenten muss man ganz genau hinsehen, wo man sich bewirbt, mit wem man sich abgibt, wenn man sich zum Feind macht. Und wenn man hochsensibel ist, dann ist es zwischenmenschlich oft schwer, dieses Talent nicht einzusetzen. Nutzt man es aber, sind die eigenen Reaktionen für andere oft unverständlich. Gerne gehörter Spruch: Stell dich nicht so an, du brauchst ein dickeres Fell. Ist natürlich Blödsinn aber als sensibler Mensch nimmt man sich so etwas viel stärker zu Herzen als die "Normalen". Eines haben alle diese Talente gemein. Die meisten "Normalen" verstehen sie nicht und finden früher oder später Menschen mit dieser Begabung lästig. Been there, done that, hated it.

Tuesday, December 1, 2015

Ein Blog im Wandel

Bislang war Living the Future mein Projekt, um meine Gedanken zu sammeln zur Zukunft (der Arbeitswelt), zu neuen Technologien und wie diese sich auf die Gesellschaft auswirken. Rückblickend muss ich mir hier eingestehen, dass ich in einigen Themenfeldern zu optimistisch, zu blauäugig war. Für mich persönlich ist das Thema Work-Life Balance gescheitert und ich würde, wenn ich denn dieses Thema überhaupt noch anfassen würde zu strikter Work-Life Separation raten, weil es extrem selten zugunsten des Arbeitnehmers läuft. Aber wie gesagt, das Thema fasse ich aus Gründen vorerst nicht mehr an. Das letzte nun fast ein Jahr hat mich aber ordentlich durchgeschüttelt, fast zerstört und dann wieder so positiv überrascht, dass ich es immer noch nicht fassen kann. Mir sind Dinge zugestoßen, die ich meinem ärgsten Feind nicht wünsche und mein Leben habe ich nur durch unglaublich viel Glück behalten. Das einen so etwas ändert, kann man nachvollziehen, denke ich. Deshalb wird sich, so wie ich mich in diesem Jahr gewandelt habe, auch der Blog wandeln. Im Augenblick bin ich noch in der finalen Reha und werde wohl Anfang Januar 2016 wieder ins "normale" Berufsleben einsteigen. Parallel ist mein autobiographischer Roman in den letzten Zügen und geht im Januar ins Lektorat bei einem großen deutschen Verlag. Über diese Zusammenarbeit bin ich sehr glücklich und werde über die Entstehung des Buchs, das wohl im Januar 2017 erscheint regelmäßig berichten. Mein Hauptfokus wird ab jetzt weg von Technologien hin zum Leben an sich gehen. Ich möchte das Thema Depressionen und generell psychische Erkrankungen stärker thematisieren und parallel in meiner Rolle als Autor mehr eigene Texte präsentieren. Wer meinen Blog also hauptsächlich wegen der reinen Technikthemen gelesen hat, der wird sich von nun an mit deutlich weniger derartigem Kontent begnügen müssen. Mir sind im Moment schlicht andere Themen weit wichtiger.

Saturday, November 28, 2015

Leseprobe - Dorfgeschichten

Ich hätte da mal eine Bitte: Hab da eine Idee für eine neue Erzählung und hätte gerne eure Meinung zu folgender Leseprobe. Gerne ehrlich sein, gerne Kritik, gerne Anmerkungen.   Leben Eigentlich war auf dem Land zu leben nicht wesentlich anders, als in der Stadt. Außer der Gegend. Und den Menschen. Und der Umgebung. Aber davon abgesehen war das Land nicht anders als die Stadt. Nein, es war eine völlig andere Welt. Wie ein Paralleluniversum mit einer eigenen Physik, einer eigenen Logik und einer eigenen Sprache. Dabei wirkte für einen zufällig in einem Dorf, in meinem Dorf Landenden das ganze eher normal, so wie dieses Stadtding. Schließlich war mein Dorf ja eigentlich eine Stadt, eine Stadt im schwäbischen, was die ganze Sache nicht wirklich einfacher machte. Jedenfalls war es eine Stadt auf den Urkunden in dem Dorf/Stadteigenen Archiv. Aber das war nur die Fassade. Alles andere war, roch und fühlte sich an wie Dorf. Eng, konservativ, manchmal etwas muffig und sich selbst genug. Mein Dorf bestand als autonome Enklave, die so weit weg von der Realität da draußen war, wie es maximal möglich war. Ja, es gab einen Supermarkt, immerhin drei Frisöre, zwei Kaffees, drei Restaurants, sogar einen Baumarkt, einen Spielwarenladen und Fotografen. Wer wollte, konnte sich ohne je die Stadtgrenzen zu verlassen mit allem versorgen, was er so brauchte. Und auf dem Land braucht man nicht viel. Oder besser, hat nicht viel zu brauchen. "Dieses neumodische Zeug braucht doch kein Mensch." war einer der am häufigsten gehörten Sätze zu meiner Zeit. Denn man konnte ja sehen, was da draußen in dieser anderen Welt passierte. Durch diesen Flimmerkasten, der landläufig Fernseher hieß. Da war dann dieser Herr (damals war es die allermeiste Zeit ein Herr) in den Nachrichten, der einem mitteilte, was man da draußen alles nicht verpasste. Das Leben auf dem Dorf war zeitlich vor allem durch die Jahreszeiten eingeteilt. Auch deshalb, weil neben al [...]