Ich steige mal herab. Ich begebe mich auf ein Niveau, das ich eigentlich nicht wirklich betreten mag. Das Niveau der Nörgler, der Mahner und Kritiker, die hinter allem die ultimative Bedrohung sehen. Den Humbug Internet sucht, den es noch überhaupt nicht als offiziell anerkannte Diagnose gibt mal ganz außen vor gelassen und wie viel manche Ärzte und Therapeuten mit der Behandlung dieser nicht anerkannten Sucht verdienen. Aber ist euch schon mal aufgefallen, dass so ziemlich alles, was Menschen mit mehr Enthusiasmus als der Durchschnitt tun früher oder später dazu führt, dass angebliche Experten wie ein Herr Spitzer von Sucht reden, von Behandlung, von Gefahr? Computerspielesucht, Sucht nach gesundem Essen (Orthorexie, ohne Scherz, gibt es angeblich wirklich), Facebooksucht, Social Media Sucht. Alles wird so dargestellt, als wäre es eine fundiert untersuchte und anerkannte Sucht. Schwachsinn sage ich. Schon immer gab es Menschen, die sich für Themen mehr begeisterten, als der Durchschnitt. Aber deshalb gleich von Sucht zu sprechen, insbesondere, wenn keinerlei wirklich fundierte Untersuchungen existieren, halte ich für unverantwortlich. Andererseits, gefährliche und ausgiebig erforschte Süchte wie die Alkoholsucht, werden sogar noch gefördert und auf Festen zelebriert. Seltsam, wie sehr hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich habe oft den Eindruck, es geht hier dem einen oder anderen Psychologen, Arzt oder Therapeuten mehr darum, seine Klientel zu erweitern, als wirklich Menschen mit gefährlichen Süchten zu helfen. Fundierte Studien, ernsthafte Untersuchungen und vor allem eine differenzierte Darstellung der wirklichen Gefahren einer neuen Sucht. Das scheinen die Medien nicht zu schaffen, und oft nicht mal angebliche Experten. Wer einmal einen Rumpelstilzchen Vortrag von Dr. Spitzer erlebt hat, dürfte verstehen, was ich meine. Wenn man in der Gesellschaft aber eine Technologie wie z.B. das Internet permanent schlecht redet, werden d [...]
Thursday, March 31, 2016
Friday, March 25, 2016
Social Media und Depressionen. Es kann auch helfen
Viele haben mir damals, in der tiefsten Tiefe meiner Depression, als ich alleine und fern von Familie und Freunden (ich hab Freunde?) in der Klinik saß: Hör bloß auf mit Social Media, das zieht dich nur noch mehr runter. Für mich war das Gegenteil der Fall und ist es auch heute noch. Buch, TV-Doku waren da quasi nur "Abfallprodukte". Als ich in die Klinik aufgenommen wurde, hat mich vor allem das Alleine sein so furchtbar gestört und noch tiefer in die Depression gezogen. Klar hatte ich Mitpatienten. Aber mit vielen konnte man nicht sprechen, weil es ihnen oft so schlecht ging, dass sie schlicht kein Interesse hatten, mit anderen wollte man nicht sprechen. Und meine Follower auf Twitter fragten relativ schnell nach, was denn mit mir los sei. Ich hatte die Wahl: 26 Wochen lügen oder ganz offen mit meiner Depression umgehen. Als ich dazu die Therapeuten befragt, kam von denen: Wenn ich es für mich annehmen kann, ist offener Umgang immer besser. Also habe ich aktiv via Twitter unter dem Hashtag #ausderklapse erzählt. Und bekam bis auf zwei flux geblockte Trolle sehr viel positives Feedback, Tipps, Zuspruch. Und auch Facebook zog mich keineswegs runter, sondern wurde zu einem Ort der Information. Wobei ich Facebook noch nie als Medium zum mich mit anderen vergleichen genutzt habe. Als dann in der Tagesklinik auch noch eine geheime Facebook Gruppe für uns Verhaltensoriginelle eingerichtet wurde, hatte ich einen Kreis von Gleichgesinnten, die sich gegenseitig unterstützten und aufbauten. Ich denke, es kommt auf die Person an. Für mich wäre ein Rückzug vermutlich sogar einer Verschlimmerung gleichgekommen. Zumal man mich in die Depression und den Suizid gerade dadurch gestürzt hatte, dass man mir meine Art zu leben nehmen wollte. Ich würde nicht so weit gehen wie Holly Elmore, die als Teil ihrer Genesung durch das Posten eines absichtlich positiven [...]
Wednesday, March 16, 2016
Meine Depression und ich, wir kommen im Fernsehen
Na ja, noch nicht. Erst mal kommt Morgen ein TV-Team für erste Dreharbeiten. Quasi meinen ersten Tag der Wiedereingliederung dokumentieren, beginnend nach Verlassen des Büros und dann in der Tagesklinik auch mit einem Therapeutengespräch. Denn Morgen beginnt mein zweiter Wiedereingliederungsversuch, diesmal langsamer und mit psychologischer Betreuung. Die Klinik hat sich zu Recht über diese PR gefreut und ich freue mich, dass ich etwas dazu beitragen kann. Einrichtungen wie unser Zentrum für psychische Gesundheit sind wichtige Anlaufstellen für Menschen mit psychischen Problemen. Und die Hilfe, die ich dort erhalten habe, hat mir in der bislang düstersten Phase meines Lebens sehr geholfen. Und alle, die glauben, ich wolle mich profilieren. Ganz ehrlich, da hätte ich mir ein anderes Thema ausgesucht als gerade meine Depression. Das ist nichts, womit man großartig angeben kann. Aber vielleicht hilft das ebenso wie mein Buch, etwas von dem Stigma aufzulösen, das immer noch bei psychischen Krankheiten besteht. Dieses Stigma macht es für psychisch Kranke nicht gerade leicht, sich Hilfe zu suchen oder mit ihrer Krankheit zu leben. Und außerdem, meine Depression ist ein richtiges Arschloch zu Zeiten, hat sie mich doch wieder komplett aus der Bahn geworfen, als ich dachte, alles liefe bestens. Also: Drückt mir die Daumen, Morgen ist ein entscheidender und auch ein spannender Tag.
Saturday, March 12, 2016
Der Verlust grundlegender Werte.
Wir sind entsetzt über hasserfüllte Fratzen vor Bussen mit verängstigten Flüchtlingen. Wir echauffieren uns über Schiessbefehlskonzepte wirrer Politikerversuche. Wir sind verärgert über die deutschen Waffenexporte ins Ausland. "Alle Menschen sind gleich." rufen wir unserem Luigi oder Panagiotis zu, während wir uns über unserer Pizza oder unserem Souflaki über die Weltpolitik auslassen. Oh wie scheinheilig sind wir doch alle. Denn gleichzeitig sind es wir, die plötzlich besorgt sind, wenn vor UNSERER Tür ein Flüchtlingsheim, ein Windpark, ein Solarpark eröffnet wird. Ja natürlich finden wir das gut. Aber nicht gerade hier. Und so fahren wir, besorgte Bürger, die wir plötzlich geworden sind, mit einem mit Plakaten und Bannern vollgeladenen SUV oder Oberklasseprotzgefährt zu eben jenen Modifikationen unserer heilen Welt, und wünschen sie überall hin, nur nicht zu uns. Klar, als im Fernsehen die Bilder aus Syrien in unsere Wohnzimmer drängten, da war sicher in vielen Haushalten Mitgefühl, Sorge, der Wunsch zu helfen. Aber wenn es dann wirklich zum Äußersten kommt, zu aktiver Hilfe weil unsere Waffenlieferungen zu diesem Drama mit beigetragen haben, dann sind wir plötzlich sehr kleinlaut, haben Angst vor dem Fremden, das wir nur wenige Generationen zurück in der Geschichte oft selbst waren (ich für meinen Teil habe zur Hälfte ungarisches Blut in meinen Adern) Ja, wir sollten die Rüstungsfabriken schließen. Bis diese mit Arbeitsplatzverlust und wirtschaftlichen Einbußen drohen. Überhaupt. Alles, was wir an unwürdigem, schädlichem, unnützen, verwerflichen in der Wirtschaft weiter am Leben halten, tut dies vor allem, weil man mit der Keule der Arbeitslosigkeit, des Verlusts unseres Status Quo drohen kann und wird. Hartz IV ist das Damoklesschwert, das uns alle zu gefügigen Arbeiterbienen macht, die sehr schnell den Mund halten, wenn einer aus der führenden, wenn auch nicht zwangsweise intelligenten Kaste das Stichwo [...]
Sunday, March 6, 2016
Ein Tag. Ohne Garantie. Aber länger
8:30 der Wecker klingelt. Zum 5. Mal. Er glaubt immer noch, er könne mich mit seiner Geräuschkulisse beeindrucken, was ich durch einen gezielten Wurf desselbigen in Richtung Wand konterkariere. Kadöngel. Einschlag, wieder eine Kerbe mehr in der gegenüberliegenden Schlafzimmerwand. Kurze Zeit später ein weiterer Aufschlag. Etwas dumpfer. Gleiche Wand. Mein Wohnungsnachbar bedankt sich bei mir und seinem Wecker für das vorzeitige Erwachen. Aufstehen, aber langsam. Das öffnen des Rolladens deckt auf, dass es draußen nicht nur Tag, sondern schon geradezu obszön sonnig ist. Nicht ganz meine Stimmung aber gut. Man kann nicht alles haben, und sich mit dem Wetter anzulegen gehört eher zu den wenig erfolgreichen Aktivitäten. Das mussten selbst ein paar Wetterfrösche mit deren Prognosen bereits erfahren. Ich weiß nicht mehr ganz genau, was ich gestern getrieben habe, aber der Geschmack im Mund lässt mich vermuten, es muss etwas mit Torf, Haaren und irgendwelchen mehr oder minder brennenden Flüssigkeiten zu tun gehabt haben. Scheinbar fand Rüdigers Party entweder in einem Gartencenter oder in einem Tierheim statt. Bad, ich sollte ins Bad. Zumindest mein Mundbiotop sollte wieder in einem eher normalen Aggregatzustand überführt werden. Als ich die Zahnpasta auf die Zahnbürste pressen will, stelle ich fest, Handcreme. Hmm. Nicht ganz, was ich mir jetzt auf meine Zähne platzieren möchte. Ich suche nach der Zahnpastatube, finde sie schliesslich auch. Im Mülleimer. Leer. Nicht dieses Leer, mit dem man sich noch einen halben Monat die Zähne putzen kann weil die Spackos aus der Produktentwicklung die Tube so kontruiert haben, dass jeder normale Mensch maximal die Hälfte des Inhalts herauspressen kann. Nein. Leer im Sinne von aufgeschnitten, abgekärchert, abgeleckt. Leer eben. Alternativen. Ich brauche Alternativen. Die Handcreme hat mich schon vor längerer Zeit eines Morgens nach einer sagen wir mal, ausgiebigen Feier in den eigenen R [...]
Saturday, March 5, 2016
Ode an meine Depression
Ich hasse dich. Ja, ich hasse dich, auch wenn du ein Teil von mir bist. Du hast meine Seele vernarbt, mein Leben geprägt, meinen Weg geändert. Du hast mich ängstlich gemacht und empfindsam, traurig und wütend, krank und lebensmude. Lange habe ich dich versteckt, hab so getan, als gäbe es nicht. Das Lager voller Masken, der Lächelnde, der Glückliche, der Performer. Die echten Gesichter der Trauer und des Lebensunmuts habe ich fein säuberlich versteckt. Du hast mich beinahe über die Kante geschubst, ins letzte Tal gestossen, unter die Erde gebracht. Jetzt, jetzt beginne ich. Gegen dich zu kämpfen, Verträge zu schließen, nicht Angriffspakte, Friedenserklärungen. Ich weiß, dass du immer bei mir wohnen wirst, immer ein Teil von mir, immer ein drohendes Damoklesschwert aus Angst, Panik und unendlicher Trauer. Ich möchte dich beschimpfen für alles, was du mir angetan hast, was du denen angetan hast, die mich begleiteten, die mich begleiten. Aber ich bin auf eine perfide Art dankbar. Dankbar für das sensibler sein, das kreativer sein dank dir. Doch um eins bitte ich dich, lass mich am Leben. Nicht einen Tag, nicht eine Woche, ein Leben. Mein Leben. Unser Leben. Dann lasse ich dir einen Platz in meiner Seele, für einen Tag, für eine Woche für ein Leben. Für mein Leben, unser Leben.
Friday, March 4, 2016
Nur weil es ein Arzt ist, will er dir nicht unbedingt helfen
Ich war schockiert. Gestern Abend. Die Produzentin, die einen Film über Depressionen drehen will und bei dem ich auch eine Rolle habe offenbarte mir, bestimmte Instanzen gäben keine Drehgenehmigung, weil sich eine bestimmte Ärztin da ungefähr wie folgt geäußert hätte: "Das befürworte ich nicht, das könnte dem Heilungsprozess von Herrn Hauck schaden." Nun ist die Ärztin nicht meine Hausärztin und ich will mit ihr auch gar nichts mehr zu tun haben. Geschockt hat mich aber schon, dass hier ohne Rücksprache mit mir über meinen Kopf hinweg entschieden wird. Was lerne ich daraus? Leider scheint "Trust noone" immer noch zu gelten, gerade für Menschen, die es eigentlich besser wissen müssten. Werde jetzt die entsprechenden Konsequenzen ziehen und bestimmte Freigaben wieder entziehen. Wenn ein Arzt mich krank macht, heißt es: Notbremse ziehen. Auch für meine Leser als Tipp. nur weil es ein Arzt ist, weiß er oder sie nicht alles. Oft existiert nur großes Unverständnis. Leider wurde mir das im letzten Jahr zu spät klar, was dazu führte, das die Hälfte der Zeit an dem völlig falschen Thema therapiert wurde.
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