Eine der großen Ängste wenn es um die Diagnose Depression geht, ist der mögliche Jobverlust. Um hier nichts zu riskieren, vertuschen viele ihre Erkrankung. Gerade auch im Staatsdienst, wo eine Verbeamtung mit einer ausgiebigen medizinischen Prüfung einhergeht, tendiert man als Betroffener dazu, die Depression zu verheimlichen. Aber auch als Angestellter haben viele noch Angst, offen mit dem Thema umzugehen. Studenten, die auf eine spätere Verbeamtung hoffen, werden sich zwei Mal überlegen, ob sie eine Therapie beginnen oder wenn schon begonnen, darüber sprechen. Ein Gutteil mit schuld daran sind Personaler und Amtsärzte, die wegen einer begonnenen Therapie oder einer Diagnose gleich den Teufel an die Wand malen. Dabei ist allgemein bekannt, dass sich mittlerweile auch psychische Krankheiten sehr gut behandeln und in den Griff kriegen lassen. Man schneidet sich hier ins eigene Fleisch, wenn man Ängste bei Berufsanfängern schürt. Zumal ein schließen aus der Vergangenheit auf die Zukunft schlicht nicht valide ist. Außerdem handelt ein angehender Mitarbeiter ausgesprochen verantwortungsbewußt, wenn er sich bei einer erkannten psychischen Erkrankung in Behandlung begibt. Er will damit das Risiko minimieren. Sofern er nicht mehr Sorge davor hat, dass man ihn gleich als nicht leistungsfähig abstempelt. Eine psychische Erkrankung ist nicht gleichbedeutend mit nicht mehr leistungsfähig. Aber sie sollte anerkannt werden und die Behandlung nicht zum Stigma werden. Wer erkrankt ist, sollte sich deshalb darüber informieren, wie der aktuelle oder potentielle Arbeitgeber mit dem Thema umgeht und es davon abhängig machen, ob er offen über die Krankheit spricht. Denn eine Verpflichtung gibt es nicht.
Monday, January 25, 2016
Wednesday, January 20, 2016
Woran erkennt man Menschen mit Depressionen?
Kurz gesagt, an garnichts. Ein wichtiges Talent haben wohl alle depressiven Menschen. Wir sind brillant im Aufsetzen von Masken. Du kannst einem von Depressionen geplagten in der U-Bahn begegnen, im Supermarkt, im Büro. Du wirst es nicht erkennen. Und wenn wir nicht gerade in einer ganz schlimmen Phase stecken, können wir auch noch ohne Probleme die erwarteten Leistungen bringen. So sieht es zumindest aus, während manch einer innerlich am Boden liegt. Meist fallen erst zu Hause die Masken. Manchmal nicht mal dort. Dann fallen die Masken erst, wenn der Betreffende fällt, wenn gar nichts mehr geht. Auf Rücksicht oder Verständnis hoffen die wenigsten, kann sich ein Außenstehender doch gar nicht vorstellen, wie dunkel, wie hoffnungslos, wie bedrohlich sich alles anfühlt. Man würde alles dafür geben, glücklich, fröhlich oder einfach nur positiv zu sein. Aber die Depression hat einen fest im Griff. Manchmal zu fest, dann wird sie lebensbedrohlich. Dann ist der einzige Moment, an dem ihr einen Depressiven erkennen könnt. Wenn er von "Nutzlosigkeit" spricht, davon, es wäre besser, er wäre nicht da, er mache eh alles falsch. Dann ist der Moment, wo es wirklich gefährlich wird. Seid dann bei ihm, es könnte ihr oder sein Leben retten. Aber ansonsten: Unsere Masken sind unsere Tarnung. Und die funktioniert hervorragend. Leider.
Friday, January 15, 2016
You live, you learn
Einer meiner Lieblingssongs von Alanis Morissette ist "You live, you learn." Nachdem ich jetzt wieder auf freiem Fuß und im Angestelltenalltag angekommen bin, haben mich einige gefragt, wie es mir jetzt geht. Das ist nicht leicht zu beantworten. Irgendwie fühle ich mich wieder ganz, aber immer noch von vielen unsichtbaren Verbänden und Pflastern zusammengehalten. Mein Kopf weiß, wann ich jetzt nein sagen soll, wann ich aufhören muss, alles negativ zu sehen. Aber mein Herz sitzt immer noch in einer Ecke und schmollt. "Nein, ich mach nicht mit, nein, das ist alles nicht war, nein, das hat fast dreißig Jahre funktioniert, das machen wir jetzt schön so weiter." Mein Verstand gewinnt zwar immer häufiger, aber es ist immer noch ein Kampf. Ich könnte einen Maskenladen aufmachen, so viele Masken habe ich in den vergangenen Jahrzehnten getragen um zu funktionieren, um gemocht zu werden. Es gab nur ganz, ganz wenige Menschen, die mich auch mal ohne Fassade, ohne Maske erleben durften. Und die Masken wurden von Jahr zu Jahr schwerer, belasteten, verletzten mich. Und schließlich bin ich unter der Last zusammengebrochen. Und den Anforderungen an mich, anders zu leben, als ich es möchte. Unverständnis war ein Faktor, der mich in den Suizidversuch getrieben hat. Verzweiflung durch die Auswirkungen der Depression und der Angststörung ein anderer. Aber es gab Verbündete, die zu mir standen, während meiner ganzen langen Zeit in verschiedenen Psychiatrien. Da war natürlich meine Familie, die ohne wenn und aber hinter mir stand. Aber ich habe auch gelernt, dass das Netz virtuelle Freundschaften schmieden kann, die weit über reine Spassgespräche hinausgehen. Auch meine Follower auf Twitter, meine "Freunde" auf Facebook und die Leser meines Blogs haben mir unglaublich viel gegeben. Selbst gute, alte Postkarte [...]
Tuesday, January 12, 2016
Ich arbeite wieder
Back to normal. Zumindest fast. Noch bin ich in der Wiedereingliederung und damit pro Tag 4 Stunden im Büro. Vermutlich geht mein Umfeld schon wieder davon aus, ich sei ja gesund, ich könne ja wieder volle Leistung erbringen. Aber ich spüre die Mühe, mich morgens aufzuraffen. Die unterschwellige, weil nicht Personen oder Situationen gebundene Angst. Die Stimmungsschwankungen, die meine Medikamente zwar abpuffern aber nicht ganz verschwinden lassen können. Ich bin, ich bleibe krank. Zwar arbeitsfähig krank, aber die Krankheit Depression werde ich immer in mir tragen. Das ist der Unterschied zu einer Grippe oder einem gebrochenen Bein. Da ist man krankgeschrieben, bis man wieder vollständig genesen ist. Vielleicht ist es noch am ehesten vergleichbar Diabetes. Man kann arbeiten, auch in Gegenwart der Krankheit. Immerhin das Schreiben konnte ich fast während meiner ganzen Therapie aufrechterhalten und sogar ausbauen. Die erste vollständige Fassung meines Romans, immerhin 355 Seiten ging heute an meinen Verlag und an meine Lektorin. Jetzt heißt es korrigieren, revidieren, ggf. neu schreiben. Und es läuft ein Projekt an, das etwas mit Fernsehen und Dokumentationen zu tun hat. Noch ist es in einem sehr frühen Stadium, aber auch das ist etwas, das mir in meinem Kampf gegen meine Krankheit und für mehr Verständnis hilft. Es ist seltsam, zu wissen, dass man depressiv ist und dass man das voraussichtlich auch für den Rest seines Lebens sein wird. Dass man immer auf sich Acht geben muss, Zeit für sich frei räumen, anderer Leute Meinung weniger wichtig nehmen. Und dass man sich mit seinen ebenso ins Hirn eingebrannten Ängsten arrangieren muss. Der Kampf hat letztes Jahr begonnen aber er wird nie aufhören. Einzig, ich kenne jetzt meinen Feind und habe Mittel zur Verfügung, ihn unter Kontrolle zu halten. Ob mir das immer gelingen wird? Ich hoffe es. Bislang gab es keine so dunkle Phase mehr, wie Anfang Februar 2015. Das darf es auch nicht mehr g [...]
Monday, January 4, 2016
Ist es Angst, ist es Depression, egal, es ist scheisse
Diagnosen sind ja so ne Sache. Nachdem zunächst alle sich einig waren, ich hätte ein schwere und wiederkehrende Depression, war schon mein Psychotherapeut anderer Meinung. Er vermutete das eigentliche Problem in einer Angststörung, ausgelöst durch sehr negative Erlebnisse in meiner Kindheit (die ich sehr gut verdrängt habe). Die Reha schließlich hat mich aber mal so richtig kaputt diagnostiziert. Generelle Angststörung, schwere Depression, leichte Angstpsychose und leichte Soziophobie. Also kaputt, kaputter geht es nicht. Aber andererseits ist es auch gut, endlich mal die Dinge beim Namen nennen zu können, die einem das Leben schwer und manchmal zur Hölle machten. Aber was ich rückblickend auch festgestellt habe. Ich habe die Krankheit(en) jahrzehntelang mit mir herumgetragen, konnte dennoch einiges aufbauen, erfolgreich ein Studium abschließen und einen Beruf ausüben. Ich bin nicht die Krankheit, sondern weit mehr. Nur in den letzten Jahren hat sie mich immer mehr überrollt. Auch unglückliche Gespräche, Unverständnis für meinen Lebensstil oder einfaches nicht wissen, was meine Krankheit bedeutet, haben mich an den Rand geführt und einmal auch drüber hinaus. Ich kenne meinen Gegner jetzt und weiß, wie ich ihn im Zaum halten kann. Und ich werde offen darüber reden, weil wir noch viel zu sehr darüber schweigen. Auch ein Mann hat mal Angst, oder eine Angststörung. Das ist nichts peinliches, abwertendes oder negatives. Es ist eine Krankheit, die behandelbar ist, eine Krankheit, die man in den Griff bekommen kann, wenn man sich dazu durchringt, überhaupt darüber zu reden. Deshalb ist es dringendst notwendig, neben Depressionen auch über andere psychische Erkrankungen zu sprechen. Denn auch das hilft Menschen, den Mut zu finden, Hilfe zu suchen. Und genau dieser Schritt kann ein Leben retten. So wie letztlich meines.
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